Tag 11: Caldas de Reis - Padrón
- Mandy
- 27. Apr. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Um groß zu sein, sei ganz: verstelle und verleugne nichts, was dein. Sei ganz in allem. Und leg dein ganzen Sein in dein geringstes Tun. (Fernando Pessoa)
Heute ist es wieder sonnig. Dennoch entscheide ich die Busverbindung von Caldas de Reis zum nächsten Zielort zu nutzen. Da ich noch Zeit habe bis der Bus abfährt, drehe ich noch einmal bei Sonnenschein eine Runde durch den Ort. Vorher frühstücke ich in einem Café und treffe auf eine deutsche Wanderin. Wie immer frage ich, was für sie der Anlass war, diesen Urlaub zu machen. Ich sympathisiere mit ihrer Antwort, gerne zu wandern und dabei den Kopf frei zu bekommen. Kurz vor dem Ziel möchte ich auch wissen, wie sie das mit der Etappenplanung gemacht hat. Sie erzählt, dass sie sich vorgenommen hat mindestens 8 Tage zu wandern und ansonsten versucht den Weg nach Santiago de Compostela als Urlaub zu genießen versucht. In Gedanken gebe ich ihr Recht. Ich wünsche ihr alles Gute als sie ihre Tagestour heute zu Fuß startet und trinke einen zweiten Café con leite. Zur Mittagszeit kommt erstaunlich pünktlich der Bus nach Padrón. Hier möchte ich nun unbedingt die Pimientos de Padrón essen ohne zu wissen, was tatsächlich auf dem Teller liegen wird. Leider ergeben mehrere Nachfragen, es sei gerade nicht die Saison für pimientos. Ich bin etwas enttäuscht. Auch hatte ich mir die Stadt schöner vorgestellt. Vor allem von der Hauptstraße aus ergibt sich doch eher ein trauriges Bild. Beim Suchen meiner Unterkunft habe ich eine weitere unangenehme Begegnung mit einem Einheimischen, der vorgibt nur Spanisch zu sprechen und mich einfach nur los werden möchte als ich nach der Hausnummer in der gleichen Straße frage. Meine Enttäuschung wächst, tritt aber glücklicherweise in den Hintergrund als ich im Restaurant nebenan eine spanische Familie antreffe, die mir versichert, die Hausnummer muss am anderen Ende der Straße liegen. Das stimmt. In der Unterkunft bekomme ich dann ausnahmsweise einen Haustürschlüssel, da ich mir schon mehrere Türcodes für die Schlüsselboxen vor der Wohnung, zum Zimmer und zum Bad merken muss und dies mehrfach - auch wegen meines Erstaunes über diese Organisation - mit "Das ist aber kompliziert" kommentiere. Die Gastgeberin ist sehr freundlich - ich hoffe nun, den Schlüssel nicht zu verlieren. Ich habe heute viel Zeit zum Nachdenken darüber, wieso sich so viele auf den beschwerlichen Weg zu Fuß von Porto oder Lissabon nach Santiago de Compostela machen. Nach zahlreichen Gesprächen erscheint mir ein religiöser Auslöser eher selten. Vielmehr habe ich einen regelrechten Wettbewerb unter einigen wenigen Wanderern erlebt, möglichst viele Kilometer pro Tag zurückzulegen. Dabei erscheint es unwichtig, ob man sich mit kleinem Gepäck auf die Strecke begibt oder nur Proviant dabei hat und sich von Ort zu Ort einen großen Koffer schicken lässt. Hier gibt es mehrere Services, die dies spontan oder planmäßig von Unterkunft zu Unterkunft oder Postfiliale zu Postfiliale veranlassen. Wie zuhause und im Arbeitsalltag gibt es alle möglichen Charaktere auch unter den Wanderern. Natürlich auch den einen, der einem erklärt, man trage den Rucksack falsch und habe die falschen Schuhe an. Ich denke intensiv darüber nach, ob es für mich relevant ist, das letzte Stück nach Santiago de Compostela zu Fuß zurückzulegen. Die scheinbar allgemeingültige Aussage 20 km pro Tag zu Fuß mit Gepäck seien kein Problem erscheint mir immer absurder. Es sind immerhin noch 25 km. Das ist zu schaffen, wenn ich mit schmerzenden Füßen ankommen will. Aber eigentlich möchte ich mir die Stadt anschauen, vielleicht eine Ausstellung besuchen. Fotografieren, wenn sich die Motive anbieten. Selbst in Padrón entdeckte ich schließlich noch mir interessant erscheinende Fotomotive. Ich genieße den Nachmittag und fokussiere mich auf den Gedanken mich zu erholen und das Essen und den Wein zu genießen. Von hier aus gibt es eine Bahn- und Busverbindung. Ich suche beide Abfahrtzeiten heraus und beschließe nach dem Aufwachen spontan zu entscheiden.
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